Haftplichtversicherung

Schadenregulierung im Haftpflichtfall:                                                            Alles was Sie zu diesem Thema wissen sollten

Wenn Sie bei einem Unfall nicht der Verursacher, sondern der Geschädigte sind, dann spricht man im Allgemeinen von einem Haftpflichtschaden. Wie viel die gegnerische Versicherung bezahlen muss und was Ihnen neben den Reparaturkosten bzw. des Wiederbeschaffungswertes noch erstattet werden muss, erfahren Sie in diesem Beitrag. Außerdem erklären wir Ihnen die Vorgehensweise der Versicherungen, damit Sie für den Fall der Fälle gewappnet sind. 


Abrechnung des Fahrzeugschadens nach dem ,,Vier-Stufen-Modell" des BGH

Um die Frage nach der im Einzelfall zulässigen Abrechnungsvariante zu beantworten, werden stets die Bruttowerte der Reparaturkosten (zuzüglich einem möglichem merkantilem Minderwert) dem Wiederbeschaffungswert bzw. dem Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) gegenübergestellt. Die Nettowerte sind lediglich dann in Ansatz zu bringen, wenn der Geschädigte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Grundsätzlich kann der Geschädigte auf den geringeren Wiederbeschaffungsaufwand verwiesen werden. Wenn jedoch ein besonderes ,,Integritätsinteresse" vorliegt, greifen zugunsten des Geschädigten verschiedene Ausnahmen, welche nachfolgend im Rahmen der vom BGH entwickelten vier ,,Fallgruppen" dargestellt werden.


Schadenregulierung im Haftpflichtfall

Bei der Frage, welchem Betrag die gegnerische Versicherung bezahlen muss, kommt es durchaus auf Details an. Grundsätzlich werden immer zwei Szenarien durchgespielt:

Die Frage lautet:

 

ist es wirtschaftlicher, das Fahrzeug reparieren zu lassen und eine ggf. notwendige Wertminderung zu zahlen, oder ist es wirtschaftlicher, ein neues (gebrauchtes) Fahrzeug anzuschaffen und von diesen Kosten die Verkaufserlöse des verunfallten Fahrzeugs abzuziehen?

Im Vokabular der Sachverständigen liest sich diese Frage dann wie folgt:

Ist die Summe aus Reparaturkosten und Wertminderung größer/kleiner als Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert? Die Fragestellung erweitert sich allerdings noch etwas durch die Tatsache, dass der BGH dem Geschädigten unter bestimmten Umständen zugesteht, bis zu 130% der Reparaturkosten reparieren zu lassen. Wir sprechen dann von der ,,130%-Grenze". Um diese nutzen zu können, muss der Geschädigte sein ,,Integritätsinteresse" nachweisen. In diesem Themenkomplex hat unser Berufsverband eine ,,Info für Autofahrer" herausgegeben, welche wir Ihnen im Nachfolgenden im Originaltext zur Verfügung stellen.



Abrechnung des Fahrzeugschadens nach dem ,,Vier-Stufen-Modell" des BGH

Um die Frage nach der im Einzelfall zulässigen Abrechnungsvariante zu beantworten, werden stets die Bruttowerte der Reparaturkosten zuzüglich merkantilem Minderwert dem Wiederbeschaffungswert bzw. dem Wiederbeschaffungsaufwand ( = Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert ) gegenüberzustellen. Die Nettowerte sind lediglich dann in Ansatz zu bringen, wenn der Geschädigte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Grundsätzlich kann der Geschädigte auf den geringeren Wiederbeschaffungswert hingewiesen werden. Wenn jedoch ein besonderes „Integritätsinteresse“ vorliegt, greifen zugunsten des Geschädigten verschiedene Ausnahmen, welche nachfolgend im Rahmen der vom BGH entwickelten vier „Fallgruppen“ dargestellt werden:

Erste Stufe

Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand. Liegen die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand, hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten. Die Mehrwertsteuer wird ersetzt, sofern sie angefallen ist.

 

Zweite Stufe

Reparaturkosten zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert

1. Fiktive Abrechnung bei Weiternutzung: Der Geschädigte hat Anspruch auf die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosen ohne Abzug des Restwertes, wenn er das Fahrzeug tatsächlich verkehrssicher reparieren lässt und mindestens sechs Monate weiter nutzt, wobei die Qualität der Reparatur keine Rolle spielt.

 

2.Fiktive Abrechnung bei Weiterveräußerung:  Der Geschädigte erhält den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, da durch die Veräußerung des Fahrzeugs der Restwert in entsprechender Höhe ausgeglichen wurde.

 

3. Konkrete Abrechnung: Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug vollständig reparieren, erhält er die Reparaturkosten (brutto) erstattet, ohne dass es auf die Weiternutzung des Fahrzeugs ankommt.

 

Dritte Stufe

Reparaturkosten zuzüglich Wertminderung bis 130% des Wiederbeschaffungswertes

1. Grundsatz: Der Geschädigte kann Reparaturkosten, die zuzüglich einer etwaigen merkantilen Wertminderung bis zu 30% über den Wiederbeschaffungswert liegen, nur verlangen, wenn er sein Fahrzeug vollständig (in einem Umfang, wie der Sachverständige zur Grundlage seiner Schadenschätzung gemacht hat) und fachgerecht reparieren lässt und er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter nutzt. Anderenfalls ist der Anspruch auf Wiederbeschaffungsauswand beschränkt.

 

2. Werkstatt­ und Prognoserisiko: Entscheidend ist die Prognose im Gutachten eines Kfz­-Sachverständigen. Der Reparaturauftrag darf erteilt werden, wenn die prognostizierten Reparaturkosten unter 130% liegen. Liegen dann die tatsächlichen Reparaturkosten unfallbedingt höher, trägt der Versicherer grundsätzlich das Prognoserisiko. Bei Kostenvoranschlägen trägt das Prognoserisiko allerdings der Reparaturbetrieb.

 

3. Reparatur mit Gebrauchtteilen: Im Einzelfall ist eine Reparatur mit Gebrauchtteilen zulässig, wenn dies zu einer fachgerechten und den Vorgaben des Gutachtens entsprechenden Wiederherstellung führt. Entspricht die Reparatur jedoch nicht den Vorgaben des Gutachtens, ist nur der Wiederbeschaffungsaufwand zu erstatten. Daher empfiehlt sich stets eine Alternativkalkulation durch den Sachverständigen.

 

4. Rabatte unzulässig: Werden vom Reparaturbetrieb nicht näher begründete Rabatte eingeräumt, wird dies von der Rechtsprechung nicht anerkannt.

 

Vierte Stufe

Reparaturkosten über 130% des Wiederbeschaffungswertes

1. Grundsatz: Liegen die im Gutachten kalkulierten Kosten der Reparatur eines Fahrzeugs mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert, so ist die Instandsetzung in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis 130% des Wiederbeschaffungswertes) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden. In diesem Fall hat der Geschädigte nur Anspruch in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes im Rahmen der Totalschadenabrechnung.

 

2. Bei Kostenunterschreitung: Hier kommt es auf den konkreten Grund für die Reduzierung der Reparaturkosten (inkl. etwaiger Wertminderung) auf unter 130% des Wiederbeschaffungswertes an. Unter der Voraussetzung, dass die Reparatur des Fahrzeuges fachgerecht und vollständig durchgeführt wurde, dürfte eine Kostenreduzierung aufgrund objektiver Umstände zulässig sein. Hierzu zählen z.B. niedrigere Stundenverrechnungssätze in einer anderen Region oder in einer freien Werkstatt, anerkannte Instandsetzungsalternativen, zweitwertgerechte Reparatur mit Gebrauchtteilen (Achtung: über diese Konstellation wurden vom BGH bislang noch nicht konkret entschieden, hier sollte im Vorfeld eine Alternativkalkulation des Gutachters eingeholt werden). Unzulässig sind jedenfalls Pauschalpreisvereinbarungen, Sonderkonditionen, pauschale Preisnachlässe, ein vom Gutachten abweichender Reparaturweg etc.

 

 


Praxistipp

Liegen die kalkulierten Reparaturkosten beispielweise unter Verwendung des Stundenverrechnungssatzes einer Fabrikats-gebundenen Werkstatt und bei Verwendung von Neuteilen oberhalb der 130%-Grenze und beabsichtigt der Geschädigte gleichwohl eine Reparatur des Fahrzeuges, sollte er immer durch den Sachverständigen prüfen lassen, ob bei Verwendung gebrauchter Teile die Reparatur im Rahmen der 130%-Grenze möglich ist. Der Sachverständige sollte in diesen Fällen eine verbindliche Alternativkalkulation fertigen.

 


Kosten des Kfz-Sachverständigen Ihres Vertrauens

Dem Geschädigten steht es grundsätzlich frei, einen Sachverständigen seiner Wahl zur Beweissicherung und Feststellung von Schadenumfang und Schadenhöhe zu beauftragen. Das gilt selbst dann, wenn die Versicherung ohne Zustimmung des Geschädigten bereits einen Sachverständigen bestellt hat oder schickt. Die Kosten für das Sachverständigengutachten sind grundsätzlich erstattungspflichtig. soweit nicht ganz klar ein Bagatellschaden vorliegt. Dieser kann aktuell mit ca 100,00 Euro beziffert werden. Überlassen Sie diese Eingrenzung dem Sachverständigen, dieser kann diese Eingrenzung treffen. Eine mögliche Wertminderung ist auch bei einem Bagatellschaden ggf. zu ermitteln. Bei modernen Fahrzeugen dürfte in der Regel ein sogenannter Bagatellschaden ausgeschlossen sein.

 

 

Kosten des Rechtsanwalts Ihres Vertrauens

Zur Durchsetzung seiner Ansprüche kann der Geschädigte einen Rechtsanwalt seines Vertrauens beauftragen; die Kosten hat die Versicherung des Schädigers grundsätzlich zu tragen.

 

Mietwagen bzw. Nutzungsausfall 

Während der Zeit, in welcher das Fahrzeug repariert wird oder ein neues Fahrzeug angeschafft wird, steht es dem Geschädigten nicht zur Verfügung. Er kann sich in dieser Zeit einen Mietwagen nehmen, um seine Mobilität wieder herzustellen. Die Kosten hierfür muss der Schädiger übernehmen. Verzichtet der Geschädigte darauf, so kann er dafür sogenannten „Nutzungsausfall“ in Anspruch nehmen. Mit Hilfe des Gutachtens kann die unfallbedingte Ausfallzeit des Fahrzeuges festgestellt werden, so dass Ersatzansprüche bezüglich Mietwagen oder Nutzungsausfallentschädigung besser belegt werden können.

 

Weitere Positionen 

Je nach Einzelfall können weitere Ausgaben anfallen, welche der Geschädigte nicht gehabt hätte, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre. Dies können z.B. sein:

• Ummeldekosten

• Autobahnvignette 

• Pauschaler Auslagenersatz für Telefonate, Schriftverkehr, etc.